Automaten in der Steuerungstechnik

Einführung

Die Möglichkeiten zur verbalen Beschreibung von Abläufen sind sehr beschränkt. Sie erlauben oft nur die Formulierung ein­facher Bedingungen und die Beschreibung stationärer Zustän­de. Jeder kann sich an den ersten Aufsatz über die Schulreise erinnern: .., und dann ..., und dann ...; nur mit einiger Sprachgewandtheit wird die Beschreibung des einfachen Ablaufs einer Schulreise vernünftig lesbar und verständlich. Lesbarkeit und Verständlichkeit genügen aber in der Steuerungstechnik nicht, Ein­deutigkeit ist zwingend. Gesteuerte Anlagen sind komplexe, dynamische Systeme, die verbal kaum mehr vernünftig und effizient beschrieben werden können. Wo benötigt man Beschreibungen der An­lagenfunktionalität? Bereits bei der Planung stellt sich das Problem, wie die Anlage funktionieren soll. Für jeden kommt mit steigender Komplexität früher oder später der Punkt, an dem man sich nicht mehr alles im Kopf ausdenken kann. Geeignete Darstellungen der Zusammenhänge können hier als Denk­hilfe wirkungsvoll zur Meisterung der Komplexität beitragen. Nicht nur für sich selber, sondern auch für die Kommunikation mit anderen muss Anlagenfunktionalität beschrieben werden. Dabei ist die Er­stellung einer Anlagensteuerung mit einem grossen Kommunikationsbedarf verbunden. Der Ingenieur muss mit dem Anlagebauer die Funktionalität der Anlage spezifizieren und im Planungsteam mit ande­ren Ingenieuren über Lösungsvarianten diskutieren können. Offensichtlich sind hier Darstellungen nö­tig, die auch komplexere Zusammenhänge auf übersichtliche Art eindeutig kommunizieren können.

Damit die Frage nach einer geeigneten Darstellung beantwortet werden kann, muss überlegt werden, welche Art von Problemen dargestellt werden müssen. Eine modernere Anlagensteuerung besteht grob aus Ueberwachungen mit Verriegelungsfunktionen, Regelungen und Ablaufsteuerungen. In fast allen Anlagensteuerungen sind Abläufe zu finden. Offensichtlich ist dies bei Anlagen, die Teile oder Stoffen chargenweise bearbeiten. Weniger offensichtlich ist dies bei kontinuierlich produzierenden Anlagen, aber auch diese müssen angefahren und abgestellt werden und dies geschieht nach vorgegebenen Ab­läufen. Automaten werden für die Darstellung und Analyse von Abläufen eingesetzt.

Abläufe in der Steuerungstechnik sind meistens nicht eine lineare Aneinanderreihung von Schritten (Sequenzsteuerung). Prozessabhängig muss an einer Verzweigung entschieden werden können, wel­ches nun der nächste Schritt ist. Dies muss auch in der Ablaufdarstellung einfach dargestellt werden können. In einfachen Abläufen ist meistens nur ein einziger Schritt aktiv. Bereits bei einer Kaffeema­schine ist aber nützlich, wenn mehrere Schritte gleichzeitig aktiv sein können. Dadurch können paral­lele Aufgaben viel einfacher dargestellt werden. Laufen parallele Aufgaben unabhängig voneinander ab, so können sie auch in unabhängigen Ablaufdiagrammen dargestellt werden. Müssen sie aber an bestimmten Stellen synchronisiert werden oder greifen sie auf eine Ressource zu, die nicht gleichzeitig mehrfach benutzt werden kann, so ist es sehr nützlich, diese Aufgaben in einem Diagramm darzustel­len und die Zusammenhänge durch spezielle Symbole offensichtlich zu machen.

Automaten in der Steuerungstechnik sollen anhand der Ablaufsprache nach IEC 61131-3 eingeführt werden. Die Ablaufsprache ist eine Weiterentwicklung von GRAFCET IEC-848. Die Ablaufsprache erfüllt alle Anforderung, die in der Steuerungstechnik an Automaten ge­stellt werden. Sie ist ein sehr gut geeigne­ter, standardisierter Formalis­mus, um verschiedenste Pro­bleme zu beschreiben. Die Darstellung ist übersichtlich und für je­der­mann einfach verständlich. Die Grundbausteine der Ablaufsprache werden im folgenden Abschnitt erläu­tert und ge­zeigt wie Elemen­tar­probleme, wie z.B. Verzweigungen gelöst wer­den.

Die Ablaufsprache nach IEC61131-3 kann einfach in Petri-Netze überführt werden. Umgekehrt kann auch die ganze Theorie der Petri-Netze auf die Ablaufsprache angewendet werden. Im Gegensatz zum Petri-Netz erlaubt die Ablaufsprache in den Transitionen keine Schaltaufgaben. Hier wurde die Ab­laufsprache gewählt, da darin klar festgelegt wird, in welchen Elementen Tätigkei­ten und Schaltbedin­gungen dargestellt werden. Dies ist bei Petri-Netzen nicht eindeutig.

 

Wieso die Ablaufsprache einsetzen?

Bekanntlich kann zustandsabhängige Steuerlogik auch mit Kontaktplan oder Funktionsbausteinsprache programmiert werden. Die Ablaufsprache bietet gegenüber diesem herkömmlichen Ansatz entscheidende Vorteile:

-         Die Programmierung in der Ablaufsprache ist transparent in dem Sinne, dass man zu jedem Zeitpunkt weiss, was gerade geschieht. Zudem weiss man auch sofort, was unter welchen Bedingungen als nächstes geschehen wird

-         Der Entwurf eines Ablaufs ist immer vollständig, da sowohl der normale Albauf als auch die Behandlung von speziellen Situationen samt Rückkehr zum Normalblauf im selben Diagramm modelliert werden

-         Die Inbetriebnahme einer Anlage ist um Faktoren schneller, da

o       Fehler aufgrund der Transparenz rasch gefunden werden können

o       Fehler ohne Randeffekte einfach korrigiert werden können

o       Es systematische Test und Inbetriebnahmeproceduren für Ablaufprogramme gibt

-         Ein Ablaufdiagramm ist eine komfortable Dokumentation eines Ablaufs

-         Ein Ablaufdiagramm kann auch von Ungeübten problemlos gelesen werden und bietet darum ideale Möglichkeiten zur Pflichtenheftbesprechung

-         In der Ablaufsprache können Produktionsrezepte aber auch andere Abläufe dargestellt werden.

 

 

 

Wo können Automaten zum Einsatz kommen?

Automaten lösen nicht alle Probleme in der Automatisierungstechnik. Der Nutzen von Automaten hängt stark von der Strukturierung der Steueraufgaben ab. Analysiert man die Funktionen in einer Steuerung, so kann man erkennen, dass es gewisse einfache Steuerfunktionen gibt, die permanent durchgeführt werden müssen, ja man würde sie am liebsten in Analogtechnik realisieren. Dies sind z.B. Grenzwertüberwachungen oder Regelungen. Ueber diesen Funktionen beginnt der eignisdiskrete Teil der Steuerung. Hier muss nur noch etwas gemacht werden, wenn etwas neues passiert ist. In diesen Bereich gehören die Automaten. Sie können dort entweder in einzelnen Grundfunktionen zur Steuerung von Teilen einer Anlage eingesetzt werden oder aber auch die ganze Koordinationssteuerung der Gesamtanlage übernehmen.

 

Abbildung 0-1: Anwendungsbereich von Automaten

 

Anwendungen von Ablaufsprachen und Petri-Netzen

Informatik:

-   Programmablauf darstellen

-   parallele Prozesse modellieren und analysieren, programmieren

-   geteilte Ressourcen   

-   Datenbankzugriff

-   Echtzeitsysteme

-   Modellierung, Simulation und Analyse von Warteschlangen

 

Steuerungstechnik:

-   Modellierung, Analyse, und Programmierung von Steuerungen

-   Analyse der Abhängigkeiten paralleler Prozesse

Betriebstechnik:

-   Workflow

-   Modellierung und Analyse von Fertigungsanlagen

-   Darstellung von Arbeitsabläufen für Qualitätssicherung